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Titelbild Dark Patterns

Die dunkle Seite des Designs: Was sind Dark Patterns und wie kann man sie erkennen?

geschrieben von Lisa

Stell dir vor, du befindest dich in einem Online-Shop, der auf den ersten Blick wie ein Paradies für Schnäppchenjäger aussieht. Es werden unzählige attraktiv wirkende befristete Deals angeboten, und bevor du dich versiehst, hast du mehrere Minuten bis Stunden damit verbracht, die für dich besten Deals ausfindig zu machen, um auf eine stattliche Summe zu kommen und dir damit die Versandkosten zu sparen.
Kommt dir diese oder eine ähnliche Situation bekannt vor?

Hast du schon einmal erlebt, dass du schnell auf 'Alle Cookies akzeptieren' klickst, um den Inhalt einer Webseite lesen zu können, anstatt ein Abonnement für 3 € pro Monat abzuschließen? Vielleicht warst du dann erleichtert, dass du dich zumindest nicht an ein Abonnement binden musstest. 

Wenn dir solche Momente nicht komplett unbekannt sind, dann bist auch du bereits auf die Mechaniken von Dark Patterns reingefallen oder bist zumindest mit ihnen in Berührung gekommen. 

Diese versteckten Designtricks sind meisterhaft darin, unsere kognitiven Schwächen auszunutzen und uns dazu zu bringen, Handlungen auszuführen, die wir normalerweise vermeiden würden. Doch können wir uns gegen diese Manipulation wehren?  

In diesem Artikel werden wir die Mechanismen hinter den fünf Hauptkategorien von Dark Patterns darlegen und dir zeigen, wie du dich effektiv davor schützen kannst. 

Was sind Dark Patterns? 

Der Begriff "Dark Patterns" wurde 2010 von dem Usability-Experten und Webdesigner Harry Brignull geprägt. Brignull wollte auf die wachsende Anzahl manipulativer Designpraktiken im Web aufmerksam machen und das Bewusstsein dafür schärfen, wie diese Techniken die Nutzererfahrung negativ beeinflussen können. 

Dabei beschreiben Dark Patterns Designs oder Prozesse, die Nutzer*innen täuschen oder manipulieren, um sie zu Handlungen zu verleiten, die sie normalerweise nicht durchführen würden. Sie nutzen dabei menschliche Schwächen und kognitive Verzerrungen aus, um Verbraucher*innen zu unüberlegten oder impulsiven Handlungen zu verleiten. Oft zielen diese Praktiken darauf ab, den Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen zu steigern und Nutzerdaten zu gewinnen, zum Vorteil des betreffenden Unternehmens oder der Plattform.   

Doch Dark Patterns sind nicht nur problematisch, weil sie das Vertrauen der Nutzer*innen untergraben und Frustration sowie Verärgerung hervorrufen können. Aus ethischer Sicht verstoßen sie gegen die Rechte der Nutzer*innen und machen sich deren Schwächen zunutze.  Langfristig gesehen können Dark Patterns somit zu einem schlechten Ruf und rechtlichen Konsequenzen für Unternehmen führen.  

 

Dürfen Unternehmen von Dark Patterns Gebrauch machen? 

Durch den Einsatz von Dark Patterns wollen Unternehmen in einem wettbewerbsintensiven Markt versuchen ihre Marktanteile durch aggressive Taktiken zu sichern und ihre Gewinne maximieren. Doch ist der Einsatz von Dark Patterns überhaupt legal? 

Rechtlich gesehen bewegt sich der Einsatz von Dark Patterns oft in einer Grauzone. In vielen Ländern gibt es keine spezifischen Gesetze, die den Einsatz solcher Taktiken explizit verbieten. Diese regulatorischen Lücken ermöglichen es Unternehmen, solche Praktiken ohne Konsequenzen anzuwenden. Selbst wenn Gesetze existieren, sind die Strafen oft nicht abschreckend genug, um Unternehmen von der Nutzung manipulativer Taktiken abzuhalten.  

Dennoch können bestimmte Dark Patterns gegen allgemeine Verbraucherschutzgesetze verstoßen, die irreführende oder betrügerische Praktiken untersagen. In der Europäischen Union beispielsweise könnten Dark Patterns gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoßen, wenn sie zur unrechtmäßigen Sammlung von Daten führen. So gibt es auch in den USA den California Consumer Privacy Act (CCPA), welcher die unrechtmäße Sammlung personenbezogener Daten verbietet bzw. strenger reguliert. 

Seit dem 17. Februar 2024 ist zudem der Digital Service Act (DSA) in der EU in Kraft getreten, welcher Online-Plattformen in der EU ausdrücklich verbietet von Dark Patterns Gebrauch zu machen. Infolgedessen können Online-Plattformen bald Abmahnungen drohen.  

 

Taxonomie von Dark Patterns 

In Anlehnung an die Forschung von Luguri und Strahlevitz (Quelle) gibt es eine detaillierte Klassifikation bestehender Dark Patterns in fünf Hauptkategorien. Diese Kategorien und die darunterfallenden Dark Patterns möchten wir euch hier vorstellen: 

 

  1. Druck

Unter Druck zu stehen, bestimmte Handlungen zu unterlassen oder durchzuführen, ist ein weit verbreitetes Dark Pattern. Nutzer*innen werden gezielt manipuliert, um schnell zu handeln oder Entscheidungen zu treffen, die sie unter normalen Umständen vielleicht nicht treffen würden. Zu den Dark Patterns in dieser Kategorie gehören: 

  • Nagging: Ständige Aufforderungen und Erinnerungen (z.B. über wiederkehrende Pop-Ups). 
  • Social Proof: Falsche / irreführende positive Erfahrungsberichte / Bewertungen von anderen Kundinnen und Kunden, oder falsche /irreführende Hinweise darauf, dass andere Nutzer*innen etwas kaufen, einen Beitrag leisten. 
  • Knappheit: Verbraucher*innen werden über begrenzte Mengen informiert, oder es wird suggeriert, es gebe eine hohe Nachfrage durch andere Userinnen und User. 
  • Dringlichkeit: Erzeugung von Zeitdruck, beispielsweise durch Countdown-Timer oder durch zeitlich limitierte Angebote. 

 

  1. Erzwungene Handlung

Bei erzwungenen Handlungen haben Nutzer*innen entweder keine Wahlmöglichkeit oder die Alternativen sind mit zusätzlichen Bedingungen verknüpft. Diese Art von Dark Patterns zwingt Nutzer*innen, bestimmte Schritte zu unternehmen, oft ohne deren volle Zustimmung. Zu den Dark Patterns in dieser Kategorie gehören: 

  • Friend Spam / Social Pyramid / Address Book Leeching: Zugang zu E-Mail- oder Social-Media-Daten werden eingefordert, um deine Kontakte mit Nachrichten zu spammen, die vorgaukeln, von dir zu stammen. Dies schließt auch das Einladen von Freunden ein. 
  • Privacy Zuckering: Täuschung der Verbraucherinnen und Verbraucher, um (mehr) persönliche Daten preiszugeben als beabsichtigt. 
  • Gamification: Nur durch wiederholte Nutzung können Funktionen „verdient“ werden. 
  • Forced Registration: Verbraucher*innen werden dazu gebracht, eine Registrierung für notwendig zu halten. 

 

  1. Hindernisse

Hindernisse erschweren es Nutzer*innen, bestimmte Entscheidungen zu treffen, indem unnötiger oder zusätzlicher Aufwand erforderlich ist. Diese Dark Patterns machen es schwerer, unerwünschte Aktionen zu vermeiden oder gewünschte Aktionen durchzuführen. Zu den Dark Patterns in dieser Kategorie gehören: 

  • Roach Motel: Einfacher Einstieg, schwieriger Austritt (z.B. einfache Registrierung, jedoch schwer z.B. aus dem Abo auszusteigen). 
  • Price Comparison Prevention: Verhinderung bzw. erschweren eines Preisvergleichs. 
  • Intermediate Currency: Käufe werden in virtueller Währung angezeigt, um tatsächliche Kosten zu verschleiern. 
  • Immortal Accounts: Konto und Verbraucherdaten können nicht gelöscht werden. 

 

  1. Erschleichen

Erschleichen beschreibt die Praxis, bei der Nutzer*innen die Konsequenzen ihrer Handlungen nicht bemerken, da heimliche Änderungen vorgenommen wurden. Diese Dark Patterns nutzen oft subtile Tricks, um die Nutzer*innen in eine Falle zu locken. Zu den Dark Patterns in dieser Kategorie gehören: 

  • Sneak into Basket: Artikel, werden unbemerkt in den Warenkorb hinzugefügt.  
  • Hidden Costs: Versteckte Zusatzkosten, die erst am Ende des Kaufprozesses sichtbar werden. 
  • Hidden Subscription/Forced Continuity: Automatische Verlängerung von Abonnements ohne klare Information. 
  • Bait and Switch: Bewerbung eines Produkts oder Angebots, das dann durch ein anderes ersetzt wird. 

 

  1. Irreführen

Ein Bild, das Text, Screenshot enthält.

Automatisch generierte BeschreibungIrreführung umfasst die Gestaltung der Benutzeroberfläche auf eine Weise, die von den üblichen Erwartungen abweicht oder diesen widerspricht. Dies führt oft dazu, dass Nutzer*innen unbeabsichtigte Handlungen durchführen. Zu den Dark Patterns in dieser Kategorie gehören:

  • Hidden Information/Aesthetic Manipulation: Verstecken von wichtigen Informationen durch Design. 
  • Preselection: Vorauswahl der für das jeweilige Unternehmen attraktivsten Variante. 
  • Toying with Emotion: Nutzung emotionaler Manipulation. 
  • False Hierarchy/Pressured Selling: Irreführende Darstellung von Optionen, um eine Manipulation zur Auswahl der teureren Version zu erzielen. 
  • Trick Questions: Fragen, die so formuliert sind, dass sie leicht missverstanden werden (z.B. doppelte Verneinung). 
  • Disguised Ad: Anzeigen, die als reguläre Inhalte getarnt sind. 
  • Confirmshaming: Entscheidungen von Nutzer*innen werden als schlecht, unehrenhaft etc. geframed, um Druck zu erzeugen. 
  • Cuteness: Verharmlosung durch niedliche Gestaltung. 


 

Die Zukunft von Dark Patterns 

Dark Patterns sind ein ernstes und weit verbreitetes Problem, das unser Online-Verhalten und unsere Entscheidungen beeinflusst. So zeigen Studienergebnisse, wie beispielsweise einer Studie der Europäischen Union von 2022, dass 97% der populärsten Websites in der EU mindestens ein Dark Pattern nutzen. Eine weitere Studie der EU Kommission und nationaler Verbraucherschutzbehörden aus dem Jahr 2023 hat ergeben, dass 40 % der kontrollierten Online-Shops manipulative Praktiken anwenden. Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass Dark Patterns trotz regulatorischer Maßnahmen noch nicht vollständig zurückgedrängt wurden. Es ist anzunehmen, dass sie auch zukünftig weiterhin angewendet werden könnten.  Doch wie sieht die Zukunft von Dark Patterns aus? 

Bereits heute gibt es durch eine Vielzahl von neuen Technologien, wie Voice Assistants, Smarthome-Geräten, Virtual Reality und KI vielzählige Einsatzmöglichkeiten von Dark Patterns.  

Durch die Fortschritte in der künstlichen Intelligenz werden Dark Patterns zunehmend personalisierter, subtiler und weitverbreiteter machen. Zudem wird Augmented Reality Unternehmen neue Wege bieten, noch mehr Daten zu sammeln und diese manipulativen Muster auch in die physische Welt zu übertragen. Dadurch bieten die neuen Technologien die Möglichkeit, dass die Manipulationen deutlich komplexer, individueller, und schwerer kontrollierbar sein können und werden. 

Daher können wir nur basierend auf diesen Annahmen vermuten, dass es in Zukunft weiterhin kein Garant für eine Dark Pattern freie Online-Landschaft geben kann und wir als Verbraucher*innen dazu aufgefordert aktiv dagegen vorzugehen und uns zu schützen.  

 

Erkennung von Dark Patterns 

Dark Patterns sind darauf ausgelegt subtil, überzeugend und trügerisch zu sein. Daher ist es wichtig, dass wir als Verbraucher*innen die genannten Taxonomien von Dark Patterns erkennen und uns auch zukünftig besser davor schützen können. Einige Möglichkeiten, wie wir uns vor Dark Pattern schützen können, möchten wir im Folgenden als allgemeingültige Tipps mitgeben:  

 

Sei informiert 

Der erste Schritt zur Vermeidung von Dark Patterns ist, dich über ihre Erscheinungsformen und Techniken zu informieren. Indem du lernst, wie diese Muster funktionieren, kannst du ihre Auswirkungen besser verstehen und erkennen. Websites wie Deceptive Patterns oder Dark Pattern Detection Project bieten eine Fülle von Beispielen und Erklärungen, die dir helfen, dich zu wappnen. Auch das Wissen über deine eigenen kognitiven Vorurteile und Heuristiken, die deine Entscheidungen beeinflussen, kann hilfreich sein. 

Sei wachsam und aufmerksam 

Achte auf das Design und die Formulierungen der Online-Plattformen, die du nutzt. Dark Patterns können sich in vielen Formen manifestieren, wie zum Beispiel durch Countdown-Timer, Popup-Nachrichten, vorab ausgewählte Optionen, versteckte Kosten oder irreführende Sprache. Lies das Kleingedruckte, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Datenschutzrichtlinien sorgfältig durch. Bewertungen anderer Nutzer*innen können ebenfalls hilfreiche Hinweise bieten, um trügerische Praktiken zu erkennen. 

Sei kritisch und skeptisch 

Hinterfrage die Gültigkeit und Zuverlässigkeit der Informationen und Angebote, die du online siehst. Vergleiche Preise, Funktionen, Vorteile und Nachteile verschiedener Produkte oder Dienstleistungen gründlich. Suche nach unabhängigen Bewertungen, Ratings oder Empfehlungen, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. 

Sei selbstbewusst und wählerisch 

Lass dich nicht von Druck oder Versuchungen dazu verleiten, impulsiv oder emotional online zu handeln. Nimm dir die Zeit, fundierte und rationale Entscheidungen zu treffen, die mit deinen persönlichen Zielen und Werten übereinstimmen. Melde dich von unerwünschten Newslettern, Benachrichtigungen oder der Weitergabe von Informationen an Dritte ab. Kündige Abonnements oder Konten, die du nicht mehr nutzt, um deine Online-Präsenz zu minimieren und dich vor Dark Patterns zu schützen. 

 

Fazit 

Dark Patterns waren und sind bis heute noch ein bestehendes Problem in der Online-Landschaft. Manchmal sind wir uns sehr bewusst, dass Dark Patterns auf Online-Plattformen zutage kommen, und manchmal verleiten sie uns dann doch unbewusst dazu, dass wir Handlungen durchführen, die wir so nicht gemacht hätten.  

Gesetze wie der Digital Service Act (DSA) und die DSGVO bieten in der EU bereits eine rechtliche Grundlage, um den Einsatz von Dark Patterns zu verbieten. Dennoch liegt noch ein langer Weg vor uns, bis wir in einer Welt leben, in der Dark Patterns keine Rolle mehr spielen werden.  Somit müssen wir als Nutzer*innen wachsam bleiben und uns der manipulativen Tricks bewusst sein. 

Unternehmen sollten aus ethischen, rechtlichen und geschäftlichen Gründen auf Dark Patterns verzichten. Manipulative Praktiken können kurzfristig zu höheren Verkaufszahlen oder mehr gesammelten Daten führen, verursachen aber langfristig erheblichen Schaden, indem sie das Vertrauen der Nutzer*innen zerstören und negative Berichterstattung sowie Mundpropaganda nach sich ziehen können. Stattdessen sollten Unternehmen auf Transparenz und Benutzerfreundlichkeit setzen, um eine loyale und zufriedene Kundenbasis aufzubauen, die zum langfristigen Erfolg beiträgt. 

Gerne helfen wir auch dir dabei, deinen online Auftritt Dark Pattern frei zu gestalten.